Hier möchten wir einige allgemeine Informationen über Nepal bieten, um unser Engagement verständlicher zu machen, aber auch, um Besucher*innen dieses wunderschönen Landes einen ersten Überblick über Entwicklungsstand, Geographie, Bevölkerung und Umgangsformen zu bieten.
Entwicklung und rezente Geschichte
Nepal zählt weiterhin zu den ärmsten und unterentwickeltsten Ländern der Welt. Laut dem UNDP-Entwicklungsbericht 2019 liegt Nepal mit einem HDI von 0,602 auf Platz 1431. Fast die Hälfte der Bevölkerung ist von mehrdimensionaler Armut betroffen. Trotz einer jährlich wachsenden Urbanisierung2 gehört Nepal noch zu den 10 am wenigsten urbanisierten Ländern in der Welt. Knapp 80% der Bevölkerung lebt noch in ländlichen Gegenden, die oft aufgrund von mangelnder Infrastruktur schlecht erschlossen sind.
Der zehn Jahre dauernde Bürgerkrieg (1996-2006) verlangsamte Wachstum und Entwicklung in einem Ausmaß, das in manchen Regionen zu einem Rückschritt in den Bereichen Ernährungssicherheit, Partizipation an nationalen Fragen und Verfügbarkeit von Dienstleistungen führte. Nach dem Ende des Konfliktes konnten Entwicklungsorganisationen wie PHASE eine Schlüsselrolle in der Aktivierung von zerstörten Systemen spielen, indem sie lokale Regierungsstellen und Gemeinden unterstützten.
Weitere gravierende Rückschläge für das Land waren die Folgen der schweren Erdbeben von 2015 sowie die Folgen der COVID-19-Pandemie seit März 2020, die sich in den entlegenen Regionen insbesondere auf die Einkommenssituation auswirkte, da sogenannte Remittances – finanzielle Zuwendungen – von im Ausland arbeitenden Familienmitgliedern ausblieben und -bleiben, die dort für viele Familien einen wichtigen Teil des Einkommens ausmachen. Für Nepal insgesamt hatte die Krise durch monatelange strenge Lockdowns, aber auch etwa durch den fast vollständigen Entfall der wichtigen Tourismus-Einnahmen enorme wirtschaftliche Einbußen zur Folge. Schulschließungen über Monate hinweg in den Jahren 2020 und 2021 führten insbesondere in entlegenen Regionen, in denen an „Distance Learning“ aufgrund fehlender Infrastruktur nicht zu denken ist, zu einem Ansteigen von Schulabbrüchen.
Positive Zeichen in der Entwicklung sind die 2015 erfolgte Einigung auf eine neue Verfassung (der Prozess hatte sich seit 2008 hingezogen) und die erfolgreiche Organisation von Lokalwahlen im Mai und Juni 2017 (die ersten seit fast 20 Jahren). Die neue Verfassung verlagert eine Reihe von Kompetenzen von nationaler auf lokale Ebene. Dadurch bietet sich einerseits eine Chance für benachteiligte Regionen, da wichtige Entscheidungsträger:innen näher an den Gemeinden sind. Allerdings kann dies aufgrund fehlender personeller Kapazitäten und Erfahrung in ärmeren Regionen des Landes auch zu Problemen führen, denn die vergangenen Jahre zeigten, dass häufig Schlüsselpositionen erst mit großer Verzögerung besetzt werden und dadurch wichtige Entscheidungen und Entwicklungen verzögert werden. Auch hier wird in den nächsten Jahren ein großer Bedarf an Unterstützung durch NGOs bestehen.
Im Jahr 2021 sollten eigentlich wieder Lokalwahlen stattfinden, sie wurden jedoch als Auswirkung der COVID-Pandemie verschoben und fanden erst im Mai 2022 statt.
Wichtige Schlüsselzahlen im Vergleich zu Österreich:
| Nepal | Österreich | |
| Bevölkerung | ca. 30 Millionen | ca. 9,06 Millionen |
| Fläche | 147.181 km2 | 83.882,56 km2 |
| BIP pro Kopf (2021) |
1.208 USD ↑ (2019: 1.079 USD) |
53.637 USD (2020) ↑ (2019: 50.380 USD) |
| Kaufkraftparität (2021) | 4.209 USD ↑ (2019: 3.581 USD) |
59.552 USD ↑ (2019: 58.850 USD) |
| HDI (2022) | 0,602/ Platz 143 ↓ | 0,916/ Platz 25 ↓ |
| Müttersterblichkeit (2021) |
151/100.000 Regional bis zu 500/100.000 |
5/100.000 |
| Kindersterblichkeit U5 (2021) |
27,2/1.000 Regional bis zu 69/1000 |
3,5/1.000 |
| Städtische vs. Landbevölkerung | 20,6% | 79,4% | 59% | 41% |
Geographie
Das Land erstreckt sich in einer Breite von 800 km zwischen Indien im Süden und China (bzw. Tibet) im Norden – eine Lage, die auch geopolitisch sensibel ist.
Nepal ist prinzipiell in drei Zonen aufgeteilt: das Tiefland im Süden an der Grenze zu Indien, der sog. Terai; das „Hügelland“ (Hills, auf Nepal Pahad), die meist zwischen 1500 und 2700–3000 Meter hoch liegen; und die „Mountains“ (Himal), eine Zone über 3000 Höhenmetern, die ca. 25% der Fläche umfasst, aber nur 6,7% der Gesamtbevölkerung bewohnt wird.
Diese geographische Vielfalt vom tropischen Süden bis zum höchsten Berg der Welt spiegelt sich auch in der Bevölkerung wider: In der letzten Volkszählung 2011 waren 81,3% der Bevölkerung Hinduist:innen, 9,04% sind Buddhist:innen, ein kleiner Anteil von ihnen sind Tibet-Flüchtlinge. Daneben gibt es kleine muslimische Minderheiten (4,39%), vor allem im Südwesten, aufgrund der Missionierung auch Christ:innen (1,41%), sowie Anhänger:innen von Naturreligionen. Das bedeutet, dass Nepal entgegen der Wahrnehmung im Westen zum am stärksten hinduistisch geprägten Land der Welt ist, während aufgrund des Tourismus häufig eher der Buddhismus wahrgenommen wird, da viele der buddhistischen Bevölkerungsgruppen in den Trekking-Gebieten leben.
Auch die sprachliche Vielfalt ist enorm: 123 Sprachen werden auf diesem kleinen Gebiet gesprochen. Die Mehrheit von ihnen, darunter auch Nepali, die offizielle Arbeitssprache (obwohl die Verfassung alle als Muttersprache gesprochenen Sprachen als Landessprache anerkennt), sind indoeuropäische Sprachen, die zweitgrößte Sprachgruppe sind sino-tibetische Sprachen, kleine Sprachgruppen gehören der drawidischen und austroasiatischen Sprachfamilie an.
Höflichkeit und Umgangsformen
Nepales:innen sind grundsätzlich sehr höfliche und freundliche Menschen, daher ist es wichtig, ihnen auch mit dem entsprechenden Respekt entgegenzutreten.
Den meisten Menschen wird der nepalesische Gruß „Namaste“ vertraut sein. Bereits weniger bekannt ist die respektvollere Form „Namaskar“. Beides heißt in grober Übersetzung „Ich verbeuge mich vor dir/Ihnen“. Meist wird der Gruß mit vor der Brust gefalteten Händen ausgesprochen.
Besucherinnen von Nepal wird es auffallen, dass sie manchmal im Englischen als „Sir“ angesprochen werden. Das liegt daran, dass die höfliche nepalesische Anrede „hajur“ kein Geschlecht kennt, und Nepales:innen diese einfach übersetzen. Hajur wird auch als höfliche Form der Bejahung verwendet, oder zum Beispiel am Telefon anstelle von „Hallo“. Hinzu kommt eine Vielzahl von Abstufungen der respektvollen Anrede, die auf den unterschiedlichen Wörtern für Verwandtschaftsbezeichnungen beruhen: Dhai/ Didi („großer Bruder“/ „große Schwester“) ist eine respektvolle aber vertraute Anrede für jemanden, den man als ältere Respektsperson bzw. hierarchisch höherstehend empfindet; die Entsprechungen Bhai/ Bahini („kleiner Bruder“/ „kleine Schwester“) werden ebenfalls vielfach gebraucht. Wir würden allerdings empfehlen, im Zweifelsfall immer die respektvollere Form zu verwenden.
Höflichkeitsformen sind aber auch viele Gesten: Zum Beispiel wird es als unhöflich empfunden, jemandem etwas mit nur einer Hand zu reichen oder etwas mit nur einer Hand entgegenzunehmen. Daher formt man entweder beide Hände zu einer Schüssel, oder, was häufiger vorkommt, man reicht oder übernimmt etwas zwar mit einer Hand, legt die andere Hand dabei auf den Unterarm der entgegennehmenden Hand.
Als sehr unhöflich gilt es, über die Gliedmaßen von anderen Menschen – aber auch Tieren – hinwegzusteigen. Daher sollte man sich immer so setzen, dass genügend Platz ist, damit andere vorbeigehen können.
Beim Wandern ist zu beachten, dass Nepales:innen niemals aus einer Flasche trinken, die jemand anderer mit den Lippen berührt hat. Sie trinken, ohne den Flaschenhals zu berühren – eine Geste, die ein wenig Übung erfordert. Auch das Teilen von Besteck oder Tellern mit Fremden bzw. außerhalb der engsten Familie ist undenkbar.